google-site-verification=boPzj3PknrOdr0zZNtpUrKumQ43WXOmBoVQEAxn_OJU Aromafehler im Wein, Weinfehler
top of page

________________________________________________________________________

 

Aromafehler im Wein

Ursachen und Chemie

 

Geblogged am 07.06.2015 von H. Casselmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                                           Ob er schmeckt oder nicht- man sieht es dem Wein nicht an

 

 

Es sollen hier die Einflüsse auf die Aromen im Wein behandelt werden, die auf Anbau und reguläre Verarbeitung zurückzuführen sind, aber nicht solche, die durch Fehler in der Schönung oder etwa durch falsch behandelte Fässer auftreten können.

 

Es können über 1000 chemische Verbindungen im Wein vorhanden sein, die sich ggf. auf Geschmack und Geruch auswirken. Ein Aroma ist selten durch das Vorhandensein eines einzelnen Stoffes verursacht, sondern die Kombination aus vielen Komponenten und die komplexe Wahrnehmung vieler Sinneszellen ergeben den sensorischen Eindruck.

 

Jedem Weinfreund ist bekannt, dass zunächst die Rebsorte in erster Linie ausschlaggebend für die Aromen ist. Primäre Aromen sind als Fruchtnoten in den unverletzten Trauben vorhanden, sekundäre entstehen während der Verarbeitung und Maischestandzeit durch enzymatische Reaktion, und schließlich tertiäre während der Gärung und Reifung.

 

 

Während der Gärung

 

Dem Most werden zur alkoholischen Gärung Hefen zugesetzt oder es werden - seltener - die Hefen genutzt, die bereits auf den Schalen angesiedelt sind (Spontangärung). Die Hauptnahrung der Hefen besteht aus den im Most vorhandenen Zuckern: primär Glucose, sekundär Fructose; beiden sind etwa im Verhältnis 1:1 vorhanden. Wie die Pflanzen selbst, benötigen die Hefen chemisch gebundenen Stickstoff zum Aufbau von Proteinen und Nukleinsäuren. Der Bedarf an löslichem Stickstoff zur vollständigen Vergärung liegt zwischen 100 und 200 mg/l. Die löslichen Stickstoffmengen im Most liegen zwischen 100 und 1000 mg/l, bestehend aus freien Aminosäuren (bis 30 %), Eiweißen (bis 50 %) und Ammoniumkation (bis 10 %), u. a.

 

Die Hefen bauen bei Stickstoffmangel eigene Proteine wieder ab. Ein Mangel an Stickstoff führt daher zu Gärstockungen und Fehlgärungen und damit zu unerwünschten Gärungsprodukten. Die besten Ergebnisse werden also bei ausreichenden Stickstoffmengen im Most erzielt, wobei die Rebe selbst im Vorfeld eine ausreichende Stickstoffversorgung haben sollte.

 

 

UTA

 

Der sogenannte Untypische Alterungston (UTA) tritt besonders beim Riesling auf, wenn zum Zeitpunkt der Traubenreife mangelnde Stickstoffversorgung herrscht, meistens durch Bodentrockenheit verursacht. Die richtige Bodenpflege, Mulchen, gesunde Pflanzen aufbauen usw. kann helfen.

 

Seifig, Mottenkugeln, schmutzige Wäsche, stumpf sind typische Attribute vom UTA. Als Verursacher gilt in erster Linie 2-Aminoacetophenon (AAP), welches von den Hefen durch Abbau der Aminosäure Tryptophan oder aus dem in der Rebe vorkommenden Wachstumshormon Indol-3-Essigsäure (IAA) entsteht. Bei erkrankten oder befallenen Pflanzen nimmt der IAA-Gehalt beträchtlich zu. AAP trägt auch zum sog. Foxton bei amerikanischen Reben und Hybridreben bei. Auch die schon in geringsten Mengen sehr unangenehm riechenden Abbauprodukte von Tryptophan, wie Indol und Skatol wurden bei Modellgärversuchen in Weinen gefunden (zwischen 0 und 20 µg/l).

 

Durch Zusatz zum Gäransatz von Vitamin C bei gefährdeten Weinen, mit gleichzeitiger Gabe von Schwefeldioxid oder auch ein Zusatz von Polyphenolen (Traubenkerne, Kaffeesäure, Trester), kann die Bildung eines UTA vermindert werden. Das erklärt auch, warum UTA in Rotweinen wegen der bereits vorhandenen Polyphenole nicht vorkommt.

 

 

Ester und andere Verbindungen

 

Diverse Ester als Verbindungen von Fettsäuren und Alkoholen sind wichtige, oft flüchtige und meistens als fruchtig empfundene Stoffe in Früchten und Gärungsprodukten. Gegen Ende des Gärprozesses, wenn die Hefen ihren Fettstoffwechsel abgeschlossen haben, bauen sich die meisten Ester als sekundäre Aromen auf. Im Prinzip also erwünscht, aber sowohl ein übermäßiger Gehalt, als auch ein Fehlen kann störend wirken. Ester werden bei längerer Lagerung über der Hefe durch vorhandene Hefe-Enzyme auch wieder abgebaut. Einige Verbindungen sind in den Trauben an Proteine gebunden und werden erst während der Gärung freigesetzt, so dass sie in den Früchten zunächst nicht wahrnehmbar sind.

 

Im Allgemeinen gilt für Ester und teilweise für die nachfolgenden Produkte, dass diese stabil bei niedrigen Gärtemperaturen sind und ihre Anteile bei Trauben aus gestressten Pflanzen (Stickstoffmangel, Trockenheit) oft höher ausfallen.

 

 

Ester:                                                   Aromaempfindung                                                                 

 

Bernsteinsäurediethylester             angenehm

Butyrolacton                                       unangenehm, nach Buttersäure

Essigsäureethylester                         Klebstoff, Lösemittel

Essigsäure-2-ethyl-phenylester       Rosenduft

Hexansäureethylester                       fruchtig, mildes Weinaroma

2-Methylbuttersäureethylester       fruchtig, Apfel

Octansäureethylester                        fruchtig-blumig

Isoamylacetat                                     Eisbonbon

Antranilsäuremethylester                Orangenblüten

 

 

Andere:

 

Glycerin ist das Hauptnebenprodukt bei der Hefegärung und wichtig für die Osmose-Balance in der Hefezelle. Glycerin ist nicht flüchtig, trägt zum Mundgefühl des Weines bei und wirkt auch als Transportmittel für Aromastoffe.

 

2- und 3-Methylbutanol-1 sind keine Gärungsprodukte, sondern Nebenprodukte der Hefen bei der Aminosäuresynthese. Sie werden als fuselig, oder brenzlig beschrieben (0,2 µg/l).

 

 

Verbindung                Aromaempfindung    

         

Geraniol                       blumig, rosenähnlich

Linalool                        seifig, korianderähnlich, Maiglöckchen

Nerol                           Citrus u. Rose

Citronellol                    Citrus u. Rose

cis-Linalooloxid           blumig bis holzartig

Rosenoxid                    Rosenduft

Terpineol                      Flieder

Benzaldehyd               Marzipan, Bittermandel

4-Ethylphenol             Pferdeschweiß, Leder (Fehlton)

Eugenol                        Gewürznelken

Benzylalkohol             mandelartig, mild

 

 

 

Bei Lagerung / Alterung

 

Der Wein unterliegt während der Lagerung, natürlich später auch in den Flaschen, ständigen Veränderungen: man spricht von „Reifung“, im negativen Sinn eher von „Alterung“. Oxidation und Bildung von Aldehyden aus Alkoholen spielen dabei eine wichtige Rolle. Acetaldehyd kann in geringen Mengen als positiver Alterungston empfunden werden, bei höheren Mengen ergibt sich jedoch ein Fehlton (stumpf, muffig, Aldehydton) und tritt häufig bei Unterversorgung mit Schwefel auf.

 

Kohlenhydratabbau

 

Durch Dehydratisierung (Wasserabspaltung) der Restzucker entstehen verschiedene Furan-Derivate, die ein karamellartiges Aroma erzeugen.

 

Ester-Umbau

 

Es dauert etwa 4 Jahre, bis sich ein chemisches Gleichgewicht zwischen den Bildungskomponenten Fettsäure, Alkohol und den Estern daraus eingestellt hat. Da Ethanol im Überschuss im sauren Milieu vorliegt, nehmen durch Kondensation Fettsäureethylester zu, während die Acetate der höheren Alkohole zurückgehen. Dadurch verändert sich die „Fruchtigkeit“ eines Weines erheblich.

 

Carotinoid-Abbau

 

Der Abbau dieser Farbstoffe führt zu dem Endprodukt 1,1,6-Trimethyl-1,2-dihydro-naphthalin

(TDN) mit einer typischen Petrolnote, die die Weinqualität erheblich beeinflussen kann.

 

Mono-Terpenkomponenten

 

Viele Aromastoffe aus der Klasse der Terpene (Linalool, Geraniol usw.) verändern sich in der sauren Umgebung des Weines durch Cyclisierung, Umlagerung und Hydratisierung (Wasseranbindung) und bilden neue cis- und trans-Terpenverbindungen. Dadurch wird das Aroma des Weines entscheidend verändert, da die bekannten Aromen abbauen und dafür neue, nicht vorher dagewesene erscheinen.

 

 

Weitere Fehlaromen

 

Geranienton  

Kommt in Fällen vor, wo Sorbinsäure als Konservierungsmittel hinzugefügt wurde. Der Abbau durch Milchsäurebakterien zu Sorbinol und Folgeprodukten erzeugt ein Aroma mit den Attributen bitter, erdig, ranzig.

 

Mannitstich

Der Zuckeralkohol Mannitol bildet sich u. a. bei dem malolaktischen Säureabbau, wenn noch zu viel Rest-Fructose vorhanden war. Als bitter bis widerlich wird das Geschmacksempfinden beschrieben. Mannitol wird als Zuckerersatzstoff in der Lebensmittelindustrie verwendet.

 

Geosminton

Geosmin, ein bicyclischer Alkohol, kann durch bestimmte, im Boden oder Schmutz vorkommende Mikroorganismen erzeugt werden. Der typische Geruch von frischem Regen auf trockener Erde, aber auch muffig, schimmelig ist das Empfinden. Der Mensch ist extrem empfindlich: die Geruchsschwelle liegt bei 0,1 ppb.

 

Botrytis

Grauschimmelfäule ist bei einigen Weinen sogar erwünscht, kann aber auch durch oxidative Einwirkung auf den Rebsaft zu unerwünschten Fehltönen wie verbrannter Zucker, Curry, „Maggi“ sowie bei Bildung von Octenol zu muffigen Pilznoten bzw. Champignon führen.

 

IBMP

IBMP (2-Isobutyl-3-methoxypyrazin) ist für grüne Paprikanoten in Carbernets verantwortlich, in höheren Konzentrationen an Katzenurin erinnernd.

 

Thiole / Schwefelverbindungen

Methylmercaptan, Diethylsulfid, Kohlenstoffdisulfid, Mercaptohexanol können in sehr geringen Mengen Zitrusfrucht- und Apfelaromen ergeben, jedoch in höheren Konzentrationen schlägt die Empfindung auf nasser Lappen, Mottenkugeln, Fuselöl um (Schwefelböchser). Ethanthiol (Geruch fäkalisch) ist ebenfalls ein Bestandteil des Böcksers.

 

Benzylthiol ergibt ein Aroma nach Feuerstein, ist auch in Kaffee enthalten und fällt meistens in Weißweinen auf, ist aber kein Weinfehler.

 

MMP (4-Mercapto-4-methyl-21-2pentanon) erinnert an schwarze Johannisbeere (Komponente der Scheurebe), kein Fehlaroma.

 

 

 

 

Weitere aromawirksame Komponenten, die sich im Wein finden und bei zu hohem Gehalt Fehltöne auslösen

 

Einige dieser Stoffen entstehen erst bei der Gärung.

 

Methionol

Ein Thioetheralkohol, kommt in Weinen in 1-3 µg/l vor: Aromen zwischen Suppe, Knoblauch und Zwiebel.

 

2-Methoxy-4-vinylphenol

Im Wein  0-0,25 µg/l mit Aroma Buchweizen, trockenes Holz, geröstete Erdnüsse, Baumharz

 

5-Methylfurfural

Im Wein mit 1-2 µg/l mit Aromen Karamell, Ahorn, aber auch Holz, Fuselöl, Stroh

 

Furaneol

Auch Ananas-Furanon genannt. Mit Aromen nach Beeren, Fruchtkonserven, bei höheren Mengen nach Karamell.

 

Mesifuran

Verantwortlich für Erdbeernote, kann aber auch Fehlton bedeuten.

 

Antranilsäureester

Ist mitverantwortlich für den Fehler Foxton. Das Aroma liegt zwischen süß-fruchtig bis blumig-moderig (s.o.).

 

2,4,6-Trichloranisol

Hauptkomponente des berüchtigten Korkgeschmacks - stammt letztlich aus Schimmelpilzbefall von Kork und entsteht nicht bei der Weinzubereitung.

 

 

Zusammenfassung

 

Das beste Rezept, Wein ohne Fehler zu erzeugen, liegt offensichtlich schon beginnend in der Qualität des Anbaus und der Lage, d. h. Ernte von nicht gestressten Rebstöcken:

 

  • Gesunde Rebstöcke mit ausreichender Nährstoff- / Wasserversorgung ohne Überdüngung

  • Sauberes Lesegut mit möglichst geringem oder keinem Befall von Krankheitserregern / Bakterien,
    Ausnahme: gewünschte Botrytis

  • Kontrollierte, zügige Gärung ohne Stockung bei nicht zu hohen Temperaturen

  • Ausreichende Schwefelung

  • Optimale Lagebedingungen

 

 

 

Quellen:

 

Dissertation Katrin Hoenicke, Universität Hamburg 2002

 

Dissertation Tilo August Johann Hühn, Johann Wolfgang Goethe - Universität

in Frankfurt am Main2003

 

R. Aman, Der Badische Winzer, 10 + 12, 2002

 

https://www.wein-plus.eu

 

 

Bildnachweis:

 

mixpix CC-BY-SA-3.0 Wikimedia Commons

 

Letztes Update: 12.09.2016

 

 

 

Aromafehler, Weinfehler im Wein
bottom of page