google-site-verification=boPzj3PknrOdr0zZNtpUrKumQ43WXOmBoVQEAxn_OJU Schadstoffe und Pestizide im Ölivenöl
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Olivenöl und Schadstoffe - Ein Überblick

Warum die Qualitätsbezeichnung "Extra Nativ" nicht mehr ausreicht

 

 

Geblogged am 14.06.2015 von H. Casselmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                        Ist das Olivenöl in puncto Qualität in Ordnung?

 

 

Das Beste zum Kochen, Braten und im Salat: Olivenöl ist sehr beliebt und wird im Millionen-Liter-Maßstab gehandelt. Der feine Geschmack und die gesundheitlichen Vorzüge werden vom Verbraucher und in der Gastronomie geschätzt. Die Frage, wie gesund Olivenöl ist, hängt von der Qualität und möglicherweise vorhandenen Schadstoffen ab.

 

 

Panscherei

 

Die Geschichte des Olivenöls ist durchsetzt mit Skandalen, Betrügereien und Fälschungen [1]. Viele Tote und Tausende von Geschädigten hatte es 1981 in Spanien gegeben, als mit Anilin-vergälltes, Industrie-Rapsöl als Olivenöl verkauft wurde. Ein heute fast vergessener Fall. 2005 wurde in Italien minderwertiges Rapsöl mit Chlorophyll und Geschmacksstoffen versetzt und als hochwertiges Olivenöl angeboten - 100.000 Liter wurden beschlagnahmt. Ein jüngerer Skandal um einen Betrug im Jahr 2012, ebenfalls in Italien, wo 8 Millionen Liter, die mit Lampantöl vermischt und als Extra-Vergine Qualität deklariert waren, beschlagnahmt wurden, ist heute noch aktuell. Dass ein Teil davon in deutschen Supermärkten bereits verkauft wurde, ist mehr als wahrscheinlich. Die in Deutschland verkauften 56 Millionen Liter Olivenöl, laut Etiketten alles extra nativ und zu 75 Prozent angeblich aus italienischen Oliven gepresst, sind laut Expertenmeinung „weder extranativ noch italienisch“ [2], [3].

 

Hochwertige Lebensmittel zu fälschen ist ein erträgliches Geschäft. Innerhalb von zwei Monaten um den Jahreswechsel 2013 auf 2014 beschlagnahmten die Behörden Interpol und Europol in einer gemeinsamen Aktion in 33 Ländern mehr als 1.200 Tonnen gefälschte, minderwertige Lebensmittel und knapp 430.000 Liter gefälschte Getränke. Dabei waren auch 131.000 Liter Essig und Öl [4].

 

Mehr detaillierte Informationen, wie echte von gefälschten Olivenölen unterschieden werden können, gibt es > hier.

 

 

PAK – Gleich wieder vergessen!

 

PAK steht für Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe. Sie sind krebserregend, schwer abbaubar und finden sich überall auf der Welt. Sie entstehen bei der Verkohlung von organischen Kohlenstoffverbindungen, also auch bei Waldbränden, beim Grillen und Räuchern und  werden im ganz großen Maßstab freigesetzt bei der Verarbeitung von Kohle, Öl, und Teer, Kunststoffen und Gummi. Der weltweite Austrag in die Umwelt durch den Menschen beträgt über 530.000 Tonnen im Jahr. Es ist eine Gruppe von Produkten, gut fettlöslich und daher fast immer in tierischen und pflanzlichen Fetten zu finden, wobei Benz(o)pyren als Leitsubstanz gilt. In Olivenöl liegt die maximal zulässige Menge bei 2,0 µg/kg (= millionstel Gramm pro kg.) [5].

 

Ein Produzent von kaltgepressten Olivenöl hat praktisch keine Maßnahme, um den PAK-Gehalt zu beeinflussen. Daher lohnt es sich kaum, über PAK hier weiter nachzudenken.

 

 

Pestizide

 

Gegen Schadinsekten und Bodenbewuchs werden Pestizide eingesetzt. Das gilt teilweise auch für den Olivenanbau. Wie belastet sind nun die Olivenöle?

 

In einer groß angelegten Studie der EU-Mitgliedsländer sowie Norwegen und Island wurden beginnend im Jahr 2012 insgesamt über 78.000 Lebensmittel auf 207 bekannte Pestizid-Wirkstoffe untersucht (The 2012 European Union Report on pesticide residues in food). Darunter waren auch knapp 6500 Lebensmittel aus Drittländern.

 

Je nach Pestizid wurden zwischen etwa 600 und 1170 Olivenöle auf Schadstoffe untersucht. Von den 207 Wirkstoffen wurden insgesamt 23 in den Olivenölen identifiziert. 17 davon fanden sich erfreulicherweise in weniger als 1 % der Proben und bis auf eines alle unterhalb der zulässigen Höchstwerte. 4 Insektizide wurden bei 1 - 5 % der Proben gefunden, 1 Insektizid (Chlorpyrifos) in 13,5 % von 1174 Mustern und 1 Herbizid  (Terbuthylazine) in knapp 10% von 492 Mustern. Ob mehrere Pflanzenschutzmittel auch zusammen in einem Produkt gefunden wurden, ging aus dem Bericht nicht hervor [6].

 

2011 wurden am CVUA Stuttgart (Chemisches Veterinär Untersuchungsamt) insgesamt 51 verschiedene pflanzliche Öle und Fette, aus konventionellem Anbau (23 Proben, vorwiegend kaltgepresst) und aus ökologischem Anbau (28 Proben, alle kaltgepresst), auf Rückstände von über 600 Pflanzenschutzmitteln analysiert. Darunter waren auch 9 Olivenöle. Alle 5 Öle aus konventionellem Anbau „extra nativ“ (2 aus Italien, 2 ungeklärt) und eines „nativ“ aus Griechenland wiesen mehrfache Pestizidrückstände auf, in Summe von 0,024 bis 0,09 mg/kg und deutlich unterhalb der Grenzwerte. Die 4 Proben „extra nativ“ aus ökologischen Anbau waren ohne nachweisbare Schadstoffe, bis aus eines aus Tunesien mit einem sehr geringen Gehalt von 0,006 mg/kg und damit sämtliche korrekt als „ökologisch“ bezeichnet [7].

 

 

Transfettsäuren

 

Die ungesättigten, natürlichen Fettsäuren in Ölen und praktisch in der gesamten Pflanzenwelt haben eine cis-Stellung der Kohlenstoffkette, sind sozusagen abgewinkelt. Dadurch kristallisieren Öle nicht und bleiben flüssig im Gegensatz zu den festen, gesättigten Fetten. Durch starkes Erhitzen, Hydrieren (z. B. bei der Margarineherstellung) kann die cis-Stellung in trans- umformieren. Auch Bakterien im Magen der Kühe bilden in geringem Maße Transfettsäuren, die sich in der Milch wiederfinden. Transfettsäuren kann der menschliche Körper nicht verwerten. Olivenöl sollte keine Transfettsäuren enthalten.

 

 

Weichmacher

 

Sind in sehr vielen Kunststoffen enthalten und stammen häufig aus der Klasse der Phthalate. Die Weichmacher können sich herauslösen und in andere anhaftende Produkte übergehen (Migration). Häufig vorkommende Weichmacher sind DEHP (Diethylhexylphthalat) und DINP (Diisononylphthalat). Es gibt diverse, ernstzunehmende gesundheitliche Bedenken und deshalb sind Weichmacher in Olivenöl unerwünscht. Wegen des ubiquitären Auftretens lassen sie sich die Quellen von Weichmachern oft nur schwer ausmachen und beseitigen. Für den Olivenölproduzenten wären z. B. Netze, Folien, Behälter /Transportsäcke, Lagerbehälter, Transportbänder, PVC-Schläuche, Dichtungen in Maschinen/Pressen, Auffanggefäße, aber auch lackierte Flächen usw. mögliche Verursacher. Als richtungsweisend gilt der DTI-Wert (die täglich tolerierbare aufnehmbare Menge / daily-tolerable-intake) in mg/kg Körpergewicht. Dieser liegt für DEHP bei 0,05 und bei den meisten anderen Phthalaten bei 0,15. Das bedeutet, dass bei einem Gehalt von 1 mg/kg DEHP im Öl ein Mensch von 75 kg davon täglich fast 4 Liter trinken müsste, um den Toleranzwert zu erreichen. In fast allen Fällen sind die Weichmachergehalte in Olivenölen null oder weitgehend unbedenklich [8]. Dennoch sollte es sich lohnen, die Quellen einer vorhandenen Kontamination ausfindig zu machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Olivenernte mit Weichmacher-freien Netzen in Parga, Griechenland

 

 

 

Qualität

 

Extra nativ ist die höchste Qualitätsstufe von Olivenöl, aber die allein hat gar nicht mehr so viel zu bedeuten angesichts der Panschereien, die es schon gibt und die, die vielleicht noch gar nicht aufgedeckt wurden. Durch oberflächliche, chemische Analysen lassen sich trickreich gepanschte Öle kaum identifizieren. Typisch für gefälschte Olivenöle sind in der Regel niedrige Preise und kaum wahrnehmbarer Geruch oder Geschmack, wobei der Verbraucher diesen häufig mit „mild“ verwechselt. Aus minderwertigen Produkten hergestellt und ohne die Vitalstoffe der echten Qualitäten sind solche Öle von geringem oder keinem gesundheitlichen Nutzen oder im Einzelfall sogar gesundheitsschädlich.

 

Wie man gute Qualität bei Olivenöl beurteilen kann, wird sehr ausführlich bei Zentrum der Gesundheit beschrieben; dort wird auch noch mehr über Fälschungen berichtet. Als Preisindikation werden für „gutes Olivenöl“ mindesten 6, aber eher 10 Euro/Liter, bei arbeitsaufwendigeren Olivenhainen eher 20 Euro/Liter und mehr angegeben [9].

 

 

 

Fazit

 

Geschmack, Preis und Herkunft sind die wichtigsten Auswahlkriterien. Die Vermeidung von gepanschten oder falsch deklarierten Ölen - alles in den Regalen unter 3 Euro/750 ml fällt möglicherweise in diese Kategorien [10] -, ist das vorrangige Ziel.

 

Im zweiten Schritt, wenn man keine Restgehalte von Pestiziden haben möchte, ist die Auswahl von ökologisch angebauten Olivenölen aus vertrauenswürdiger Quelle sinnvoll.

 

Um sicherzugehen, kann man Analysenbefunde auf Pestizide und Schadstoffe anfordern. Innovative Hersteller wie Jordan bieten sogar komplette und sehr detaillierte Analysenbefunde als Download an [11].

 

Auch eine Beratung vom Fachhändler ist ein guter Weg.

 

Es gibt also genug Möglichkeiten, Top-Qualitäten von Olivenöl zu erhalten. Vor allem mit gesundem Menschenverstand.

 

 

 

Update:

 

A)

 

In Heft 2/2016 veröffentlichte Stiftung Warentest einen Bericht über 26, vorzugsweise in Supermärkten gekaufte Ölivenöle. Fast alle erhalten die Beurteilung "mangelhaft". Besonders reklamiert wurde, dass fast alle Öle falsche Deklaration in puncto Qualität und Herkunftsland/Region aufwiesen.

 

Es wurde sich bei der Beurteilung mit 65 % schwerpunktmäßig auf das Geschmacksergebnis bezogen. Leider blieben die chemischen Analysen und der Gehalt an Pestiziden und Schadstoffen in der Bewertung unterrepräsentiert (jeweils mit 10 % Gewichtung). Den Autoren des Artikels ist ebenfalls nicht bewusst gewesen, dass Olivenöl von Natur aus wohl schon aliphatische Kohlenwasserstoffe in geringen Mengen enthält. So hieß es, dass alle Proben Mineralöl ("MOSH") enthielten. Dadurch wurden die Öle insgesamt unnötigerweise abgewertet. Die Herkunft dieser Substanzen ist in unserem anderen Artikel Inhaltsstoffe von Olivenöl verstehen erklärt.

 

B)

 

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen veröffentlicht Pestizidbelastungen von pflanzlichen Produkten. Hierbei wurde festgestellt, dass in 30 - 50 % der untersuchten Olivenöle Pestizidrückstände nachweisbar waren.

 

C)

 

November 2017: Massenweise gepanschtes Olivenöl aus Griechenland beschlagnahmt. Das mit Farbstoffen versetzte Sonnenblumenkernöl wurde für  3 Euro/Liter angeboten.
 

https://www.rp-online.de/panorama/ausland/tonnenweise-gefaelschtes-olivenoel-aus-griechenland-im-handel-aid-1.7229320


 

 

Quellen

 

 

[1] https://www.gourmetglobe.de/kolumnen/geld-und-genuss/546-olivenoel-extra-falsificato-der-profit-mit-gepanschten-oel-ist-so-hoch-wie-beim-kokainhandel.html

 

[2] https://www.n-tv.de/ratgeber/Wie-Olivenoel-gepanscht-wird-article12420156.html

 

[3] https://www.stern.de/wirtschaft/news/lebensmittelskandal-in-italien-mixten-olivenoel-panscher-auch-fuer-deutsche-supermaerkte-2117573.html

 

[4] https://www.scinexx.de/wissen-aktuell-17489-2014-04-25.html

 

[5] Umweltbundesamt November 2012: AROMATISCHE KOHLENWASSERSTOFFE- Umweltschädlich! Giftig! Unvermeidbar?

 

[6] https://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3942.htm

 

[7] https://www.cvuas.de/pub/beitrag.asp?subid=1&Thema_ID=5&ID=1516

 

[8] https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_13_fette_oele/et_weichmacher_olivenoel.htm

 

[9] https://www.zentrum-der-gesundheit.de/olivenoel-qualitaet.html

 

[10] https://www.bild.de/ratgeber/verbrauchertipps/olivenoel/olivenoel-gutes-erkennen-preise-herkunft-bio-36439026.bild.html

 

[11] https://www.jordanolivenoel.de/analyse/

 

 

Bildnachweis:

 

Olivenernte: Silvia Ntokos Scheiblhauer, Silvan Sonnenhain

 

 

 

 

 

Olivenöl kann Schadstoffe enthalten
Olivenernte mit weichmacherfreien Netzen
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